Star Trek – Lower Decks – Folge 1 Review (no spoiler)

Ein guter Ausgangspunkt

1994, in der siebten Staffel von ‚Star Trek – The Next Generation‘, gab es eine besondere Episode (S07E15), die erstmals das Augenmerk auf das Personal von niedrigem Rang bzw. den Zivilisten und ihren Geschichten an Bord der Enterprise legte. Zum damaligen Zeitpunkt eine Abwechslung zu den oftmals schwerwiegend angelegten Hauptthemen, mit denen sich die Führungsoffiziere auf der Brücke herumschlagen mussten. Dennoch ist es eine der besseren Folgen, die von den existentiellen Hoffnungen und Ängsten junger Fähnriche erzählt, deren Persönlichkeit und Loyalität auf die Probe gestellt werden. Der Titel dieser Folge war ‚Lower Decks‘.

Die neue CBS All Access Animationsserie ‚Star Trek – Lower Decks‘ hat nun 26 Jahre später diese Idee wieder aufgenommen und präsentiert uns eine humorvoll dicht gepackte und Action geladene Neuinterpretation der Thematik.

Ansicht der "Lower Decks"
„Wir sind gaaanz hier unten.“

Die unteren Decks

In der neuen Serie, die 2380, also 10 Jahre nach ‚Star Trek – TNG‘ spielt, geht es hauptsächlich um das Leben und Arbeiten von vier Fähnrichen aus den Lower Decks der U.S.S. Cerritos, die noch am Anfang ihrer Karriere stehen und von den Führungsoffizieren nur selten wahrgenommen werden. Da wären Brad Boimler, der richtlinientreue und loyale Durchschnittstyp mit der Ambition eines Tages selber Captain zu werden und seine ziemlich entgegengesetzte Kollegin Beckett Mariner, die es nicht immer so genau nimmt mit den Vorgaben und auch mal über die Stränge schlägt. Zudem hat sie anscheinend in ihrer Zeit in der Sternenflotte schon so einiges gesehen, so dass sie den Führungsoffiziere anhimmelden Boimler mit ihrer sarkastischen Art oft als recht naiv dastehen lässt.

Zu den beiden gesellt sich dann noch ‚die Neue‘ D’Vana Tendi vom Orion, die voller Enthusiasmus ihrer Karriere in der Sternenflotte entgegen schaut und auch durch einen größeren Zwischenfall an Bord der Cerritos davon nicht entmutigt werden kann; ganz im Gegenteil. Zuletzt gibt es da noch den Buddy-Typen Sam Rutherford mit Cyborg Implantaten, der besser mit Technik umgehen kann, als mit Frauen.

V.l.n.r.: Sam Rutherford, Beckett Mariner, D’Vana Tendi und Brad Boimler

Der Titel der ersten Episode ‚The Second Contact‘ zeigt auch gleich, wo die Cerritos in der Hierachie steht, da ihre Mission sozusagen der Papierkram und organisatorische Teil ist, den es nach einem historischen ersten Kontakt mit einer neuen außerirdischen Zivilisation zu bearbeiten gilt. Diese erste Mission stellt die Belastungsfähigkeit der Protagonisten bereits auf eine harte Probe.

Zum Inhalt sage ich nichts, aber die erste Folge ist zur Zeit auf YouTube anzuschauen, auch wenn ihr in Deutschland dafür ein VPN Plugin benötigt. Ich finde jedoch, es lohnt sich sehr die Folge zu schauen.

Ein anderer Ansatz mit bekanntem Stil

Nach dem Neueinstieg des Star Trek Universums in die Verwertungsketten von Streaminganbietern, hatten sowohl ‚Star Trek – Discovery‘ als auch ‚Star Trek – Picard‘ bei mir eher ambivalente bis ablehnende Gefühle hervorgerufen. Zu viele Leute, die anscheinend nicht wussten, an was sie da arbeiten haben viele grundlegende Elemente dessen, was Star Trek ist, verzerrt, umgedeutet oder ignoriert oder wollten ihren eigenen Stempel aufdrücken. Dies war ja bereits bei dem zum Glück gescheiterten Kino Remakes um die Classic Crew ein großes Problem, dass sich bei den Serien auch zeigte, wenn auch nur in abgeschwächter Form, aber genug um Hardcore Fans zu irritieren.

Bei ‚Star Trek – Lower Decks‘ hingegen mag ich kulanter sein, vielleicht auch, weil es sich um eine Zeichentrickserie handelt, aber das Look & Feel ist hier wenigstens wieder im Einklang mit dem Franchise, wie man es aus den 90ern gewohnt war. Die LCARS Bildschirme mit ihren Okudagrammen, die typische Architektur, die Technologie, die wir zu sehen bekommen; all das sind Detailarbeiten, die sich vollständig an TNG und Voyager orientieren. Zugegeben, das Design des Raumschiffs an sich finde ich etwas plump. Es sieht eher wie eine Vorstudie aus. Ansonsten jedoch merkt man hier, dass man wenigstens auf der Ebene wieder versucht Boden gut zu machen.

U.S.S. Cerritos

Star Trek kann endlich über sich selbst lachen

Was den Humor angeht, hätte man ja sagen können, dass es etwas gewagt ist, da Star Trek nie wirklich amüsant in diesem Sinne war. Es gab natürlich in den neueren Serien auch Bestrebungen die Charaktere und Situationen lockerer und mit Situationskomik zu gestalten, jedoch hat das für mich nie so richtig gezündet. Natürlich ändern sich die Art und Weise, wie sich die Figuren in einer Serie bzw. Serienuniversum verhalten mit dem Zeitgeist. Man schaue sich nur mal die ersten Folgen TNG aus den Achtzigern an, das war ja meist mehr eine Beerdigung als alles andere.

Aber um als eine Animationsserie auf dem komödiantischen Science Fiction Markt zu bestehen, muss man in einem Umfeld welches mit Produktionen wie ‚Rick & Morty‘, ‚Final Space‘ oder auch ‚The Orville‘ bereits definiert ist auch mal auf 11 drehen und zeigen was man kann. Nicht umsonst ist Mike McMahan, Co-Author und Produzent von ‚Rick & Morty‘ mit an Bord. Und ich muss sagen, die erste Folge Lower Decks hat mich gut unterhalten. Sie ist von einem zeitgenössischen Anarcho-Humor durchzogen, hat aber auch leisere Töne und zeigt schon auch in der ersten Folge gut, wo die Konfliktpotentiale der Charaktere in der Zukunft liegen werden. Das ganze weit ab von der gestelzten Hochsprache eines Captain Picard, sondern durchzogen vom typischen Arbeitskollegen-Neckereien und entsprechendem Bürotassen-Sarkasmus.

Erschreckenderweise muss ich sagen, dass von allen Neuproduktionen aus dem Star Trek Universum, mir diese bisher als die authentischste vorkommt. Hier hat keiner versucht seine Idee dem Franchise aufzudrücken. Die grundsätzliche Story, die erzählt wird ist wie in den älteren Serien, das Phänomen der Woche, typische Föderationsgeschichten und technische Probleme. Nur kommt hier die zwischenmenschliche und humoristische Glasur drüber, die das ganze zu einem bekömmlichen Star Trek Kuchen macht. Man kann nur hoffen, dass dieser Serie eine lange Laufzeit beschieden ist, damit man zuschauen kann, ob und wie die Charaktere sich entwickeln. Der Vorteil der Animationsserie sind ja auch die wesentlich niedrigeren Produktionskosten, die es ermöglichen viele neue fantastische Geschichten zu erzählen, ohne wie bei den „großen“ Produktionen ein Jahr auf was neues warten zu müssen. Ich freue mich auf jeden Fall auf mehr, auch wenn zu diesem Zeitpunkt noch nicht feststeht, ob die Serie in Deutschland z.B. bei Amazon Prime oder Netflix landen wird.